Seine Initiativen prägen die Schule bis heute

Gymnasium Letmathe trauert um seinen langjährigen Leiter Werner Weßling

„Hinter den Bergen gibt es eine gute Schule“, war die wiederkehrende Textpassage in einer so launigen wie ernsthaften Rede, mit der eine Gruppe des Kollegiums im Sommer 2008 Werner Weßling auf sehr persönliche Weise als Schulleiter des Gymnasiums Letmathe in den Ruhestand verabschiedete. Die anderen Mitglieder des Kollegiums nickten dazu bei der privaten Abschiedsfeier in der Iserlohner Schauburg aus voller Überzeugung. Nicht zuletzt durch seine Tatkraft fand die Schule einen eigenen und erfolgreichen Weg mit den pädagogischen, gesellschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen umzugehen, vor die Gymnasien in den 1990er und 2000er Jahren gestellt waren.

Der 1948 in Havixbeck geborene Pädagoge arbeitete nach der Schulzeit in Gelsenkirchen-Buer, dem Studium in Münster und dem Referendariat in Oldenburg ab 1974 zunächst als Lehrer am Ruhrtalgymnasium in der Nachbarstadt Schwerte. Mit 41 Jahren wurde er 1989 zum Schulleiter am Gymnasium Letmathe berufen und zog deshalb von Schwerte in die Waldstadt um. Er war nach Klaus Bültermann der zweite Chef „am Berg“.

Werner Weßling prägte die Schule mit seinem engagierten pädagogischen Wirken, welches sich durch besondere Menschenkenntnis, hohe Reflektiertheit und Weitsicht auszeichnete. Dafür steht u.a., dass er nicht den Arbeitsaufwand sah, sondern die Chancen, die Schulen durch mehr Mitspracherecht bei der Einstellung von neuen Lehrerinnen und Lehrern bekamen. Mitten in der Welle der Pensionierungen vieler Lehrkräfte, die das Gründungskollegium der 1966 eröffneten Schule gebildet hatten, nahm er diese Möglichkeit gerne wahr. So konnte er in seiner Amtszeit u.a. fast ein Drittel der noch am Gymnasium unterrichtenden Kolleginnen und Kollegen selbst einstellen und mit alten und neuen Mitgliedern seine Ideen zur Gestaltung einer Schule umsetzen, die sehr genau weiß, welche Bildung und welches weitere „Rüstzeug“ nach dem Abitur fürs Leben nötig ist. Reformen, wie das Zentralabitur oder die zwischenzeitliche G8-Umstellung wurden proaktiv angegangen und auch für generelle Diskussionen über Innovation von Schule genutzt.

Zusammen mit der erweiterten Schulleitung um seinen Stellvertreter Armin Eickmann vertraute er zudem engagierten Kolleginnen und Kollegen Projekte an. „Schüler helfen Schülern“ oder die Unterstützung eines Straßenkinderprojekts in Brasilien würde es sonst bis heute nicht geben. Mit dem Leitungsteam brachte er die von ehrenamtlich von Müttern betreute Cafeteria auf den Weg. Gerne unterstützte er Fachschaften, wenn es um Innovation von Unterricht ging oder verhalf der Schule durch die Organisation von Anschaffungen in Zusammenarbeit mit dem Förderverein zu einer modernen Ausstattung. Dabei schaute er nicht nur auf die Naturwissenschaften, sondern sorgte dafür, dass sich die Schule mit ihren Literaturkursaufführungen auch über Letmathe hinaus einen Namen machte. In seinen letzten Jahren im Amt wurde erstmals die „Bläserklasse“ eingerichtet und damit die Zusammenarbeit mit örtlichen Musikschulen begründet. Zudem gab sich die Schule in Ergänzung zum Schulprogramm in seinem letzten Amtsjahr ein pädagogisches Leitbild, dem sich die Schulgemeinde aus gutem Grund bis heute verpflichtet fühlt und ging auch das Thema Ganztagsgymnasium in Form erster Vorüberlegungen an.

Werner Weßlings Wertschätzung und seine persönliche Anteilnahme gegenüber allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft sind jenen, die mit ihm zusammengearbeitet haben und noch heute an der Schule unterrichten, in lebendiger Erinnerung geblieben. Er unterstützte nicht nur Referendare, die seine Fächer Mathematik und Sport unterrichteten, in der stressigen Phase ihrer Ausbildung sehr intensiv, stellte einige anschließend direkt ein. Er suchte pragmatisch nach Lösungen, wenn ein Mitglied der Schulgemeinschaft in einer schwierigen Lebenssituation stand oder vor gesundheitliche Herausforderungen gestellt war. Der Hauslehrer für langfristig erkrankte Schülerinnen und Schüler hieß in Mathematik durchaus auch mal Werner Weßling.

Nach seiner Pensionierung verfolgte er mit großem Interesse die Entwicklung an der Schule und blieb ihr bis zum Schluss durch die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen sowie dem Austausch mit ehemaligen Kolleginnen und Kollegen sehr verbunden. Werner Weßling starb am 20. August im Alter von 75 Jahren an den Folgen der Erkrankung, die ihn dazu gezwungen hatte, 2008 vorzeitig aus dem Schuldienst auszuscheiden. Seine Spuren an der Schule werden noch lange bleiben.